mit Voraussicht (3): Von Plündern kann keine Rede sein…

Unter dem Titel „Jeder Dritte plündert für den Hauskauf seine Pensionskasse“, war vor wenigen Tagen in verschiedenen Tageszeitungen davon zu lesen, dass „dass 80 Prozent der Käuferinnen und Käufer, die ihre Wohnung oder Haus mit PK-Gelder mitfinanziert haben, ohne diesen Vorbezug den Kauf aus eigener Kraft nicht hätten tätigen können“. Der Bericht stützt sich dabei auf eine ganz unaufgeregte Umfrage von Moneypark.

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Der Titel „Plündern der Pensionskasse“ erscheint etwas reisserisch und verkennt die Tatsache, dass der Gesetzgeber den Bezug oder die Verpfändung von Pensionskassengeldern als gewollte Möglichkeit für den „Erwerb und die Erstellung von Wohneigentum“ vorsieht (siehe dazu Verordnung über die Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge).

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Ohne Zweifel will die Investition in Wohneigentum gut überlegt sein, ohne Zweifel beinhaltet die aktuelle Tiefzinspolitik auf dem Hypothekenmarkt auch das Potential, dass bei einer einsetzenden Zinsumkehr die Tragbarkeit für viele Wohneigetümer zu einer grossen finanziellen Belastung wird.

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Dennoch stellt nicht der Pensionskassenvorbezug die problematische Komponente dar, und es ist wenig nachvollziehbar, warum die Medien vom „Plündern der Pensionskasse“ reden, wenn die Kaufpreisfinanzierung mit dieser vom Gesetzgeber explizit vorgesehenen Möglichkeit erfolgt.

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Wer mit Voraussicht plant, kann die Risiken minimieren

Viel entscheidender erscheint uns, dass das Wohneigentum zu jedem Zeitpunkt einer soliden, persönlich und langfristig ausgerichteten Finanzierungsplanung unterliegt. Dazu gehören in einem ersten Schritt u.a. folgende Faustregeln:

  • Der Umfang der Hypothek darf nicht grösser als 80 % des Kaufpreises sein. 10% des Kaufpreises muss der Käufer als Eigenkapital in Form von Barmitteln einbringen, weitere 10% dürfen via Pensionskassenvorbezug oder Verpfändung von Pensionskassengeldern finanziert werden.
  • Die ersten 67 Prozent des Kaufpreises können in Form einer Ersthypothek finanziert werden. Für die nächsten 13 Prozent braucht es eine Zweithypothek. Diese muss innert 15 Jahren amortisiert werden.
  • Die Tragbarkeit eines Hauskaufs ist dann gegeben, wenn die Kosten für die Hypothekarschuld bei einem Zinsniveau von 5%, die Unterhaltskosten von 1% des Kaufpreises und die Amortisation der zweiten Hypothek nicht mehr als 35 Prozent des Bruttoeinkommens überschreiten.

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Ein Finanzierungsbeispiel:

Kaufpreis 1‘200‘000
Maximale Hypothek (80%) 960‘000  bestehend aus…
Als Ersthypothek (67% der Gesamthypothek) 792‘000
Als Zweithypothek (13% der Gesamthypothek) 168‘000
EK als Barmittel (10% der Gesamthypothek) 120‘000
EK via PK (10% der Gesamthypothek) 120‘000
Jährliche Kosten 71‘200  bestehend aus…
Zinslast bei Hypothekarzins von 5% 48‘000
Jährl. Amortisation Zweithypothek (innert 15 Jahren) 11‘200
Unterhalts- und Nebenkosten (1% Kaufsumme) 12‘000

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Auch wenn die heutigen Zinsen (und damit Kosten) bedeutend tiefer sind, wird für eine solide Finanzierung, die Bank bei diesem Beispiel ein jährliches Bruttoeinkommen des Käufers von mindestens CHF 203‘000 erwarten (CHF 71‘200 entsprechen dann 35% des Bruttoeinkommens). Kann mehr Eigenkapital beigesteuert werden, reduziert sich das notwendige Einkommen – insbesondere, wenn die zweite Hypothek minimiert oder gar verhindert werden kann.

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Ebenso wichtig – neben der eigentlichen Tragbarkeitsberechnung zum Zeitpunkt des Kaufes – ist in einem zweiten Schritt die frühzeitige Absicherung für die Zukunft. Dazu gehört – sofern die Käufer planen, auch noch im Rentenalter in der erworbenen Liegenschaft zu wohnen – eine Finanzierungsplanung über die nächsten Jahre bis zur Pension. Nur wenn sämtliche Hypotheken zum Zeitpunkt des Rentenalters soweit amortisiert wurden, dass auch mit dem oftmals reduzierten Renteneinkommen die Tragbarkeit gemäss obengenannten Faustregeln gegeben ist, wird die Bank die Finanzierung verlängern. Ansonsten stellt der Verkauf der Liegenschaft die einzige – oft unerwünschte – Option dar.

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Im Weiteren empfehlen wir in dieser Finanzierungsplanung auch mögliche Risiken wie Job-Verlust, Krankheit, Unfälle, Trennung/Scheidung als mögliche Szenarien zu berücksichtigen. Insbesondere bei Familien kann die Absicherung des Ehepartners bei Todesfall oder die Abfederung der Einkommenslücke bei eintretender Krankheit oder Jobverlust entscheidend sein. Eine frühzeitige Beratung durch einen Finanzierungs- und Versicherungsexperten ist daher sehr zu empfehlen.

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Der Bezug von Pensionskassengeldern ist ein gewünschtes Mittel zur Finanzierung von Wohneingentum, eine Finanzierungsplanung sehr empfehlenswert.

Summarisch kann festgehalten werden: Der Pensionskassenbezug ist ein gewolltes Mittel zur Finanzierung von Wohneigentum. Von Plündern kann keine Rede sein. Vielmehr kann es bei einer guten Finanzierungsplanung durchaus sinnvoll sein, einen Teil der Pensionskasse zur Finanzierung eines Eigenheims zu verwenden.

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